Hand aufs Herz: Wie genau nehmen Sie es mit den Verarbeitungshinweisen? Wer täglich Böden verlegt, hat natürlich viel Routine und liegt auch mit Pi mal Daumen oft richtig. Trotzdem Vorsicht mit gefühltem Wissen: Wenn Klebstoff nicht richtig klebt und die Spachtelmasse Runzeln bildet, liegt das oft an kleinen, aber vermeidbaren Abweichungen von den empfohlenen Werten.
Wo auch alte Hasen lieber präzise nachmessen sollten und warum: Das beantworten wir in der neuen Eurovisie-Wissensrubrik „FAQ“. Den Anfang machen zwei Fragen zum Raumklima: Wie beeinflussen Temperatur und die Luftfeuchtigkeit das Verhalten und die Verarbeitungszeit von Verlegewerkstoffen?
Grundsätzlich vorab: Die empfohlene Temperatur ist ein Standardwert, bei dem sich das Produkt exakt so verhält, wie beschrieben. Das macht Produkte vergleichbar und ermöglicht die verlässliche Planung von Verarbeitungs- und Trocknungszeiten. Weicht die Temperatur ab, stimmen auch die anderen Aussagen nicht mehr: Je wärmer es ist, desto stärker verläuft z.B. die chemische Reaktion von 2-K-Systemen. Dispersionen und Spachtelmassen binden schneller ab, weil das Wasser schneller verdunstet. Entsprechend verkürzen sich z.B. Topf- und Einlegezeiten. Ist es dagegen kühler, härten Produkte langsamer aus, Trockenzeiten verlängern sich. Eventuell wird auch die Konsistenz zäher und das Material verläuft schlechter.
Kritisch wird es, wenn die Mindesttemperatur (15°C) unterschritten wird: Dann ist z.B. bei Dispersionen die Filmbildung gemindert und sie härten nicht richtig aus. Bei Klebstoffen entsteht keine Klebfestigkeit (Folge: Beulenbildung im Bodenbelag), Oberflächen bleiben feucht, sind gegen Schmutz und Belastung nicht gewappnet und für die Nutzung ungeeignet.
Mit diesen Temperatur-Faustregeln geht nichts schief:
- Raum- und Bodentemperatur immer messen und bei Bedarf an die empfohlene Temperatur anpassen.
- bei kleinen Abweichungen längere/kürzere Verarbeitungszeiten einplanen
- die Mindesttemperatur unbedingt einhalten
- Im Zweifel vorlagern: Statt im kalten Auto das Material 24 Stunden am Einsatzort akklimatisieren.
40% bis 65%: Diese Luftfeuchtigkeit ist für Verlegearbeiten Pflicht (in Ausnahmefällen 35% –75%). Denn viele Materialien „arbeiten“ mit dem Wasser in der Luft. Manche Bodenbeläge (Holz, Linoleum, einige Textilbeläge) quellen und schwinden bei feuchter bzw. trockener Luft. Und viele Verlegewerkstoffe binden nur ab, wenn die Luftfeuchtigkeit in diesem Rahmen liegt – weil sie dazu entweder Wasser an die Luft abgeben müssen (Dispersionen, Spachtelmassen) oder die Luftfeuchtigkeit für ihre chemische Reaktion benötigen (1-K-Systeme).
Ist die Luftfeuchtigkeit zu niedrig, beschleunigt sich bei wasserhaltigen Systemen die Trocknung: Bei Grundierungen kann das z.B. die Haftvermittlung mindern, bei Klebstoffen die Einlegezeit verkürzen. 1-K-Produkten wiederum fehlt dann die nötige Luftfeuchtigkeit zum Aushärten. Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, binden Dispersionen langsam oder gar nicht ab.
Spachtelmassen setzen sich in Schichten ab (Sedimentation) und bleiben instabil. 1-K Produkte dagegen reagieren zu schnell und bilden eine Haut, die dem Material darunter den benötigten Luftkontakt nimmt. Darum auch hier: Wer nachmisst und für das empfohlene Raumklima sorgt, vermeidet böse Überraschungen.
Noch Fragen?
Von Auftragsweise bis Trockenzeit: Alle wichtigen Verarbeitungshinweise finden Sie in der Technischen Information zum jeweiligen Produkt.
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