Historisches Erbe bewahren
Der Abriss war bereits beschlossen, doch zwei Architekten retteten das Stadthaus aus dem 16. Jahrhundert. Wie wir Historisches bewahren und trotzdem zeitgemäß und modern leben können.
Neues Leben für Altbau
Außen eine schmutzig-graue Fassade, die früher einmal altrosa gewesen sein muss, innen bröckelnder Putz und ausgetretene Dielenböden: Wer Bilder des Stadthauses in der Linzer Lederergasse aus der Zeit vor dem Umbau sieht, bringt das Gemäuer auf den Fotos nur schwer zusammen mit dem modernen Wohn- und Geschäftshaus, das heute an dieser Stelle steht. Und doch: Es ist dasselbe Gebäude.
Vor rund zehn Jahren war der Abriss des Hauses, dessen ältesten Teile aus dem 16. Jahrhundert stammen, bereits beschlossen. Doch Sandra Gnigler und Gunnar Wilhelm wollten sich damit nicht abfinden. Die Architekten entschieden sich kurzerhand, die traditionsreiche Immobilie einfach selbst zu kaufen, zu sanieren und zur Heimat ihres Architekturbüros mia2 zu machen. So entstand in mehreren Bau- abschnitten ein helles, einladendes Gebäude, das die historische Bausubstanz geschickt integriert und neben den Büro- und Verwaltungsräumen von mia2 auch noch zehn Wohnungen beherbergt.
Der Nachhaltigkeits- und Kreislaufgedanke stand im Mittelpunkt der Sanierung. So wurde beispielsweise die marode Bodenplatte herausgebrochen und der darunterliegende Lehm als Baumaterial für die Innenwände genutzt. Die Balkongeländer stammen von einem anderen Altbau, wo sie ursprünglich entsorgt werden sollten. Stattdessen erhielten sie in der Lederergasse ein zweites Leben – so wie die alten Dachziegel, die aufgrund der Aufstockung des Hauses nicht wiederverwendet werden konnten, heute eine Scheune in der Umgebung bedecken.
Auch beim Innenausbau legten die neuen Eigentümer Wert auf umweltfreundliche Baumaterialien. Wärmedämmende Kastenfenster, viel Holz sowie der klimapositive Linoleumbelag Marmoleum Walton von Forbo, der bis zu 98 Prozent aus natürlichen und größtenteils nachwachsenden Rohstoffen besteht, sorgen für ein gesundes Raumklima und einen schmalen CO2-Fußabdruck. Das Projekt wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Holzbaupreis 2021.
Auch unter städtebaulichen Aspekten ist das sanierte Stadthaus ein Vorbild. Durch die zwei zusätzlichen Stockwerke in Holzbauweise entstand neuer Wohnraum in zentraler Lage, ohne dass dafür weitere Flächen verbraucht wurden. Das Highlight sind die zwei Maisonettewohnungen unterm Dach. Sie bieten nicht nur eine moderne, nachhaltige Ausstattung, sondern auch einen traumhaften Blick über die Linzer Altstadt.
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